Mein Rückenwindtag …
Hej,
kennst du Rückenwindtage? So einen Tag hatte ich heute, einen Tag, wo das meiste leicht von der Hand ging. Dabei sah es erst mal nicht nach einem guten Tag aus.
Momentan wohnen wir neben einer Baustelle. Das gibt weiße Staubwolken, die wie Mehl durch die Luft fliegen. Schlimmer ist der Lärm. Wände werden niedergerissen und Böden aufgebrochen. Noch schlimmer ist, dass ich deshalb bei diesen letzten Altweibersommertagen nicht im Garten sitzen kann. Es ist einfach zu staubig und laut. Wahrscheinlich würde ich dann als Mumie zurück ins Haus wandern. Mit dieser Baustelle werden wir noch einige Monate leben müssen, aber irgendwann wird es leiser.
Aber ansonsten habe ich viel zu tun. Im Lektorat, wo ich talentierte Kunden und ihre fesselnden Geschichten betreue, folgt ein Manuskript dem anderem. Da müssen Deadlines eingehalten werden und so ist es gut, dass ich so wegen der Baustelle nicht im Garten herumlungern kann.
Dazu kamen noch zwei Termine, einen Artikel und eine Kurzgeschichte, die zu einem bestimmten Datum fertig sein sollten. Damit ich das bloß nicht vergesse, liegt ein GROSSES Papier auf meinem Schreibtisch.
Und was hat das alles mit Rückenwindtagen zu tun?
Tja, die beiden Termine wurden verschoben. Luft zum Atmen bedeutet das für mich, und beide haben sich bei mir entschuldigt, obwohl ich aufgeatmet habe.
Dann habe ich heute ein wunderbares Gespräch mit einem Buchmenschen auf meiner Arbeit gehabt. Gespräche über Bücher sind immer wie eine Aufbauspritze für mich. Doch das Spannendste war, dass ich heute gelernt habe, dass die „Mutter von Harry Potter“ auch Krimis schreibt und zwar unter einem Pseudonym. Sicher wissen das schon alle, nur ich nicht.
Ich hatte bisher nur gehört, dass dieser Robert Galbraith fesselnd schreiben sollte und hatte mir auf dem Flohmarkt der Schule meines Sohnes zwei Exemplare gekauft. Das war ein wunderbares Geschäft: Mit dem Geld half ich Mädchen in Pakistan und ich bekam als Danke-schön Lesestunden. Nun liegt Harry Potters Mutter in ihrer Transvestitenausgabe auf meinem Schreibtisch und winkt ganz kräftig zu mir herüber. Ich höre fast einen Ruf wie der heilige Augustinus es in Mailand gehört hat: „Tolle lege“ – Nimm und lies, nur dass es sich diesmal nicht um die Bibel, sondern einen Roman handelt. Lies mich, lies mich …
Aber das war noch nicht alles.
Dann gab es noch ein Rückenwindgeschenk. Eine begabte Autorin, Anika Ackermann, hat es trotz Umzug geschafft, den Text für das Autoreninterview hier auf meiner Seite zu schicken. Ich bin dankbar und froh, denn diese begnadete Erzählerin und ihr Buch Loving Rose Red haben mich in den Sommerferien tief berührt.
Und der letzte Rückenwindstreichler? Ich habe Post bekommen. Ja, ich bin einer der altmodischen Menschen, der Briefe und Postkarten liebt. Fünf Umschläge. Was will man mehr, wenn es keine Rechnungen sind.
Und der allerletzte Rückenwind: Da ist tatsächlich eine Rezension zu meinem letzten Roman Der Duft von Broken Leaf eingetroffen.
Falls du Lust auf das Buch hast und es besprechen möchtest, dann melde dich.
Also: Das war ein Rückenwindtag, oder?
Gleich, wenn ich es mir mit Junior gemütlich mache, werden wir uns frisches Popcorn zubereiten. Das ist dann der letzte Rückenwind. Aber wer weiß. Noch ist der Tag nicht zu Ende.
Ich wünsche dir eine wunderbare Zeit – und, wo auch immer du gerade bist, ganz viel Rückenwind,
deine Ann Kristin