Autoreninnengespräch mit Kerstin Rachfahl zu Tisifones Tochter
Heute ist wieder Zeit für ein Autoreninterview. Seit dem letzten Autorengespräch habe ich nichts mehr geschrieben. Ich war auf einer Weiterbildung, und dann habe ich Urlaub gemacht. Wirklich Urlaub, wo ich alles andere habe alles andere sein lassen. Und es geht mir gut.
Aber die wunderbare Autorin Kerstin Rachfahl hat in der Zwischenzeit für mich gearbeitet und die Interviewfragen beantwortet.
Ich habe eines von Kerstins Büchern aus Neugierde gekauft, das war im letzten Jahr oder vor zwei Jahren. Warum weiß ich nicht mehr, ob es das Cover war oder der Klappentext oder der Hinweis, dass es in Rom spielte. Dann lag das Buch eine Zeit auf meinem Kindle-SUB und als ich es endlich las, war ich so sehr von der Geschichte, der Sprache und der Autorin begeistert, dass ich sofort mehrere ihrer Bücher gelesen habe. Noch nicht alle, aber ich arbeite dran. Kerstin ist eine sehr begabte Selfpublisherin, sie wagt sich an ungewöhnliche Themen, ruft starke Frauen ins Leben und recherchiert sauber. Das habe ich beim ersten Lesen sofort gemerkt. Damit und mit ihrer wunderbaren Sprache hat sie mich geködert. Ich bin noch lange nicht fertig mit dieser Autorin, die für mich wirklich eine besondere Entdeckung am Selfpublisher-Himmel ist.
Und jetzt genug von mir. Es geht heute um Kerstin Rachfahl und ihrem neuesten Buch.
Worum geht es in deinem neuen Roman Tisiphones Tochter?
Es geht um eine Auftragskillerin, die es lange Zeit geschafft hat, unentdeckt zu bleiben. Doch langsam zieht sich die Schlinge enger um sie und was erschwerend hinzukommt, sind ihre inneren Konflikte zu ihrem Leben.
Wie bist du auf das Thema der Romanidee gekommen?
Schon vor ewigen Zeiten hatte ich eine sehr düstere Szene geschrieben, von einer Frau in einer Todeszelle, wo ein Pater ihr die letzte Beichte abnimmt. Bisher fiel es mir schwer, meine Hauptfigur einen Job ausüben zu lassen, den ich selbst völlig verurteile. Auf der anderen Seite ziehen mich dunkle Figuren mehr an, als helle.
So liebte ich meine Rolle als die böse Stiefmutter von Schneewittchen total und bin völlig darin aufgegangen. Meine Regisseurin Bärbel Kandizorra war super. Sie sagte zu mir, du brauchst einen Grund, weshalb du so bist, denk dir eine Geschichte dazu aus, und das gelang mir. Ich war so gut in der Rolle, dass die Kinder echt Angst hatten sich ein Autogramm bei mir zu holen, selbst einige Erwachsene waren verunsichert.
Die Idee zu Skylar kam nicht aus dieser Rolle, eher aus der Frage, was kann einen Menschen zu einem solchen Beruf treiben? Ich hatte panische Angst davor, wie meine Leser/innen auf die Figur reagieren. Können sie Sympathie für sie empfinden? Können sie mit ihr fühlen? Du weißt selbst, dass die Hauptcharaktere eine Geschichte tragen. Wenn also die Leser/innen die Figur verabscheuen, werden sie auch das Buch nicht mögen.
Wo gab es Hochs und Tiefs beim Schreiben?
Bei jedem Buch, das ich schreibe, gehe ich durch ein Wechselbad der Gefühle. Am schlimmsten war bei diesem Buch, weil ich gern wollte, dass es mit einem Happy-End für Skylar endete. Doch wie soll das möglich sein für eine Auftragskillerin, die derart viele Menschen getötet hat? Sie hat mich ehrlich an den Rand der Verzweiflung gebracht.
Bei welcher Szene ging es dir richtig gut?
Wo sie als Kulturjournalistin unterwegs ist und auf Rees trifft. Wo sie mit Fitzgerald in der Küche kochte. Ich liebe Fitzgerald, er ist der weltbeste Butler, und ich wünschte, er wäre in meinem Leben. Und Skylar als Maria.
Wo war es schwer?
Jeder Mord war total schwierig für mich. Der Streit mit ihrer geliebten Schwester. Die Verzweiflung von Gracie. Zum Ende hin, wo sie wie ein Hase in der Falle sitzt.
Was ist für dich die Schlüsselszene?
Es ist nicht eine. Es sind ganz viele. Die Geschichte war für mich wie ein Puzzlestück, und es hat mich mordsmäßig viel Überarbeitung gekostet, weil ich selbst beim Schreiben immer wieder verunsichert war, wohin es geht.
Was ist deine Botschaft, deine Motivation?
Tiefer zu schauen. Menschen nicht nur nach ihrem Handeln, also den äußeren Symptomen zu beurteilen, sondern sie ganzheitlich zu betrachten und nach den Ursachen zu forschen. Außer es liegt eine psychologisch schwere Störung vor, gibt es immer ein Warum.
Um welches Thema kreist du in deinen Büchern?
Menschen, Menschen, Menschen und vor allem Frauen. Ich habe einfach keine Lust mehr Bücher zu lesen, wo die Frauen trottelig sind, sich verlieben und ihre Stärke finden, wo sie die Königin an der Seite eines starken Königs sind und sich nur um die Bedürfnisse andere kümmern. Ich möchte Frauen, die ihr Leben selbst in die Hand nehmen. Frauen, die die Welt reagieren und Fehler machen. Ja klar, sie dürfen lieben, doch deshalb müssen sie doch keine dummen, hübschen Dinger sein, die ständig gerettet werden müssen.
Was liest du gerade?
Deep Work, ein Sachbuch, wie man es schafft in der heutigen Zeit, sich wirklich intensiv in der Arbeit zu verlieren und warum das so wichtig ist. Ich brauche das total, und zwar egal, um was für eine Arbeit es sich gerade handelt. Schreiben, Buchhaltung, Rechnungen schreiben, Marketing machen oder Bilanzen. Unserer heutigen Zeit ist voll mit Ablenkungen, Anforderungen, wenn du eine E-Mail nicht innerhalb von ein paar Minuten beantwortest, dann werden die Leute schon ungeduldig. Da reden wir noch gar nicht von den Social Media Plattformen, wo du ständig liken, posten und kommunizieren sollst.
Welche Filme siehst du gerade?
Keinen. Ich schaue selten Filme, meistens nur mit meiner Familie. Den letzten Film, der mich total beeindruckt hat, der jedoch auch unendlich traurig ist, war „A Star is Born“ mit Bradley Cooper und Lady Gaga. Sie hat mich zutiefst in ihrer Performance beeindruckt, weil sie derart tief in ihre eigenen Emotionen gegangen ist. Ich denke, sie war nach den Dreharbeiten völlig fertig.
Welches Buch würdest du gerne als Film sehen?
Mein Eigenes: Die Bundespräsidentin. Ich habe es geschrieben mit Veronika Ferres im Gedanken, als ich ihr Interview zu der Wahl des Bundespräsidenten gehört habe, wo sie mit abstimmen durfte. Ich habe sogar extra einen Drehbuchkurs besucht und das Schreiben an eine Filmproduktionsfirma (ihre) geschrieben und es doch nie gewagt, es loszuschicken. Ein Drehbuch zu schreiben ist einfach etwas völlig anderes, und ich setzte mich lieber an eine neue Geschichte, als das Drehbuch zur Bundespräsidentin zu schreiben.
Welche Musik hörst du gerade?
Yiruma der südkoreanische Pianist. Ich liebe seine Alben Healing Piano, First Love, Blind Film oder the Best of. Kiss in the Rain ist nur eines der superschönen Stücke. Das lässt mich völlig runterfahren, vor allem, wenn ich dazu noch Yoga mache.
Einen Fun-Fact zu dir …
Im Grunde meines Herzens bin ich ein total introvertierter Mensch. Ich würde am liebsten als Einsiedlerin irgendwo im Wald mit den Tieren leben oder im Meer. Ich liebe die Stille, wenn man taucht. Oder auf dem Berg, der seit Urzeiten steht und wo ich mit meinem Leben noch nicht mal ein Sandkorn in der Zeit seiner Existenz darstelle. Aber ist das ein Fun-Fact?
Neugierig geworden? Dann besuche Kerstin auf ihrer Webseite: www.kerstin-rachfahl.de. Dort erhältst du mehr Informationen über ihre Romane, Neuerscheinungen und aktuellen Buchprojekte. Oder melde dich zu ihrem Newsletter an und erfahre als erstes, wann ein neuer Roman von ihr erscheint.