Erinnert Ihr euch an die Tagesthemen vom 13. August 2014? Nein? Vielleicht doch. So konservativ die altehrwürdigen „Tagesthemen“ sind, damals stand Caren Miosga breitbeinig auf dem Moderationstisch.
Nein, sie hatte keine Angst vor einem Vierbeiner. Sie ehrte Robin Williams, den verstorbenen Schauspieler, den die meisten wegen seiner berühmtesten Rolle in „Der Club der toten Dichter“ kennen. In dem Film spielte er den engagierten Lehrer Mr. Keating, der in einem amerikanischen Eliteinternat in den 50 ziger Jahren des letzten Jahrhunderts (Gott, was klingt das alt …) die Schüler mit seiner frischen Art für die Dichtkunst begeisterte.
Find your own voice
Diese Lehrer hatte nur ein Ziel. Das solltest du als Autor auch haben: „Überleg nicht, was der Autor denkt, sondern was du denkst.“ So ruft er seinen Schülern zu: „Find your own voice!“
Finde deinen Weg, deine eigene Sprache, deinen eigenen Ort in der Welt. Einmal klettert er im Unterricht auf einen Tisch und inszeniert diese Botschaft auf einzigartige Weise. „Ich stehe hier auf meinem Tisch, um mich daran zu erinnern, dass wir die Dinge ständig aus verschiedenen Perspektiven betrachten müssen.“
Jodi Picoult und „Beim Leben meiner Schwester“
Als Autorin und Lektorin sehe ich das genauso. Das macht ein gutes Buch und einen exzellenten Erzähler aus. Jodi Picoult hat diese Perspektiven in ihrem Roman „Mein Leben meiner Schwester“ Platz geschenkt.
„Beim Leben meiner Schwester“ geht es um die Thematik der „savior sibblings“. Mit Hilfe von genetischem Screening und künstlicher Befruchtung bekommt eine Familie ein „genetisch“ richtiges Kind, das als Organspender für die Schwester herhalten soll. Diese Tochter wird also geboren, um das Leben ihrer älteren Schwester zu retten.
Der Roman wird aus verschiedenen Perspektiven erzählt: Was denkt der Vater? Welche Gefühle hat die Mutter? Wie sieht die gesunde Schwester ihr Schicksal? Und was denkt die kranke Tochter. Jeder hat seine Stimme und der Ausgang des Romans erstaunt. Mehr sei hier nicht gesagt. Es ist ein komplexer und sauber recherchierter Roman vom Feinsten. Mich haben beim ersten Lesen die vielen Stimmen sehr berührt.
Ansonsten: Beide Filme sind zu empfehlen. Wenn du Zeit hat, schau dir „Der Club der Toten Dichter an“ oder auch „Beim Leben meiner Schwester.“
Anbei die Szene mit Keating …